Gibt es die Gaben des Heiligen Geistes heute noch?



Zum kurzen Video sei nun noch eine etwas ausführlichere schriftliche Darlegung angefügt. Dies ist auch Teil des Kurses Pneumatologie 2 am Theologischen Seminar BERÖA. Dieser Kurs ist ebenfalls für Gasthörer offen, Infos dazu sind zu finden unter: www.beroea.de. Der Text darf nicht ohne Genehmigung des Autors auszugsweise oder ganz woanders veröffentlicht werden.

©Marcel Locher


Sind die Gaben des Heiligen Geistes heute noch wirksam?

Bei der Frage ob die Gaben des Heiligen Geistes heute noch wirksam sind, gehen die Meinungen innerhalb des Leibes Christi weit auseinander. Heute ist es sicherlich so, dass dieser Punkt nicht mehr so umstritten ist, wie dies am Anfang der Pfingstbewegung der Fall war. Durch die charismatische Erneuerung (in den 1960er Jahren) und der sog. dritte Welle (in den 1980er Jahren) ist das Bewusstsein um die Wirklichkeit der Gaben des Heiligen Geistes Aufgrund der Erfahrung des Wirkens des Heiligen Geistes in allen Denominationen vorhanden. Doch gerade dieses Wirken wird auch heute noch stark in Frage gestellt. Der Vorwurf, dass man sich von Erfahrungen und nicht von der Schrift leiten läßt, steht im Raum. Dieser Vorwurf ist sicherlich nicht ganz unbegründet. Obwohl Erfahrungen immer auch unsere theologische Positionierung mit prägen[1], dürfen sie aber nicht das alleinige Fundament unseres Glaubens sein. Es wird aber sogar die Behauptung aufgestellt, dass in der pfingstlich-charismatischen Bewegung nicht der Heilige Geist, sondern ein dämonischer Geist am Werk ist. Einige Zitate aus dem Buch von John MacArthur mögen dies belegen:

 

„Der >>Heilige Geist<<, der im Großteil der charismatischen Lehre und Praxis zu finden ist, hat keinerlei Ähnlichkeit mit dem wahren Geist Gottes, wie ihn die Bibel offenbart.“ (:11).

„In den Evangelien schrieben die geistlichen Führer Israels das Werk des Geistes dem Satan zu und lästerten dadurch Gott (Mt 12,24). Die moderne charismatische Bewegung schreibt umgekehrt das Werk des Teufels dem Heiligen Geist zu. Ganze Heerschaaren von Irrlehrern Satans marschieren zum Takt ihrer eigenen Gelüste und verbreiten munter seine Irrtümer. Sie sind geistliche Schwindler, Hochstapler, Betrüger und Scharlatane.“ (:12).

„ Sie (die Pfingstler und Charismatiker) erschaffen ein eigenes goldenes Kalb des Heiligen Geistes. Sie haben ihre Theologie in das Feuer menschlicher Erfahrung geworfen und dann den falschen Geist angebetet, der dabei herauskam; und mit bizarren Possen und zügellosem Benehmen tanzen sie darum herum. Als Bewegung haben sie beharrlich die Wahrheit über den Heiligen Geist ignoriert und sich erdreistet, einen Götzengeist im Haus Gottes aufzustellen und so die dritte Person der Dreieinigkeit, den Heiligen Geist, in seinem eigenen Namen zu lästern.“ (:13).

„Keine andere Bewegung der jüngeren Kirchengeschichte hat der Sache des Evangeliums mehr geschadet, die Wahrheit mehr verdreht und gesunde Lehre mehr unterdrückt. Di charismatische Theologie hat die evangelikale Gemeindelandschaft in eine Kloake des Irrtums und in einen Nährboden für Irrlehrer verwandelt.“ (:15)

„Die charismatische Bewegung hat das geistliche Immunsystem der Gemeinde zerstört: Sie hat die Erfahrung als Autorität über die Schrift erhoben und somit freien Zugang für jede denkbare falsche Lehre und Praxis gewährt, ohne dass sie kritisch hinterfragt werden dürfen.“ (:15)

„Einfach gesagt: Die charismatische Theologie hat nichts zu wahrhaft biblischer Theologie beigetragen; vielmehr ist sie eine gefährliche Mutation der Wahrheit. Wie ein tödlicher Virus befällt sie die Gemeinde und hält sie äußerlich durch gewisse Merkmale biblischen Christentums am Leben, doch letzten Endes verdirbt und verdreht sie stets die gesunde Lehre.“ (:15).

„Mittlerweile gibt es mehr als eine halbe Milliarde Charismatiker weltweit. Doch das Evangelium, das diese wachsenden Massen antreibt, ist nicht das wahre Evangelium, und der Geist, der dahinter steht, ist nicht der Heilige Geist. Was wir hier sehen, ist in Wahrheit das explosionsartige Wachstum einer falschen Gemeinde, die ebenso gefährlich ist wie jede andere Sekte oder Irrlehre der Kirchengeschichte. Die charismatische Bewegung war von Anfang an eine Farce und Fälschung; und sie hat sich nicht in etwas Gutes verwandelt.“ (:17).

 

John McArthur brandmarkt in seinem Buch die Ausschreitungen der charismatischen Bewegung. Er listet die Namen gefallener Verkündiger auf, die durch sexuelle Unmoral, Habgier oder sonstigem moralischem Fehlverhalten der Wahrheit des Evangelium und der Gemeinde geschadet haben. Er verweist auf die Verderbtheit des sog. Wohlstandsevangeliums und belegt seiner Meinung nach biblisch, dass die Gaben des Heiligen Geistes aufgehört haben. Seiner theologischen Überzeugung entsprechend gibt es die Gaben des Heiligen Geistes so nicht mehr und daher ist er überzeugt, dass in der pfingstlich-charismatischen Szene nicht der Heilige Geist, sondern ein anderer Geist am Wirken ist

 

Nun ist zugegebener Massen nicht alles, was im pfingstlich-charismatischen Bereich läuft ruhmeswürdig. Es ist wahr, dass hier viel an Scharlatanerie betrieben wurde und wird. Auch gebe ich zu, dass nicht unbedingt immer der Heilige Geist am Wirken ist. Manches ist auch rein seelisch emotional. Man muss sich sicherlich auch selbstkritisch mit all den Phänomenen innerhalb der pfingstlich-charismatischen Bewegung auseinandersetzen. Doch die Art und Weise, wie MacArthur schon in der Einleitung seines Buches gegen die pfingstlich-charismatischen Christen in´s Feld zieht, ist keine wirkliche theologische Auseinandersetzung mehr. Man bekommt eher den Eindruck, dass sich hier ein Kreuzritter im Kampf um die Wahrheit mit dem Teufel selbst konfrontiert sieht. Dadurch ist MacArthur nicht mehr fähig wirklich theologisch fundiert zu argumentieren. Sein Gegenüber, die pfingstlich-charismatischen Gläubigen sind für ihn keine Geschwister im Glauben, sondern teuflisch verführte Irrlehrer, die es zu bekämpfen gilt. Diese Haltung stimmt einen eher traurig, da eine wirklich sachliche theologische Auseinandersetzung dadurch unmöglich wird. Warum sollten sich Christen, die solche Positionen vertreten, sich wirklich sachlich mit der pfingstlich-charismatischen Frömmigkeit theologisch auseinander setzen. Der Fall scheint klar zu sein: der Geist, der in der pfingstlich-charismatischen Bewegung am Wirken ist, ist nicht der Heilige Geist.



[1]Zentrale Wahrheiten der Schrift haben mit Erfahrung zu tun. Gerade auch die Erlösung in Christus ist mit der Erfahrung der Gotteskindschaft verbunden. Paulus schreibt in (Gal 4,6): „...der Geist schreit in unseren Herzen: Abba Vater!“ Paulus beschreibt hier eine existentielle Erfahrung im Leben eines Menschen, der die Erlösung in Christus erlebt. Es wird deutlich, dass es beim Handeln Gottes nicht nur darum geht, dass wir theologisch informiert sind, sondern durch das Wirken des Geistes transformiert werden. 


Fragestellung:

Nun ist es sicherlich wichtig, dass wir uns theologisch die Frage stellen, ob denn die Gaben des Heiligen Geistes noch wirksam sind, oder ob sie aufgehört haben. Daraus resultieren dann weitere Fragen (siehe weiter unten).

Wenn die Gaben des Heiligen Geistes wirklich aufgehört haben, dann sind all die Wirkungen, welche wir dem Heiligen Geist zuschreiben, in Wirklichkeit anderen Kräften zuzurechnen. Im besten Falle wären dies dann rein seelische Auswirkungen, im schlechtesten Fall wären dies dämonische Geister und teuflische Mächte, welche hier wirksam sind (vgl. McArthur).

Es ist wichtig, dass wir hier theologische Gewissheit bekommen, denn unser Glaube soll nicht allein auf Erfahrungen basieren (wobei man die Erfahrung nicht vom persönlichen Glauben trennen kann). Wenn wir aber keine biblische Gewissheit haben, dann werden wir auch schnell in Zweifel darüber kommen, ob wir hier richtig liegen oder nicht. Gleichzeitig können wir aber auch die Gemeinde zu keiner Stabilität in der Fragestellung führen, wenn wir selbst unsicher sind. Daher ist es wichtig diese Grundsatzfrage nun am Anfang unserer Reflexion über die Gaben des Heiligen Geistes zu stellen, damit wir dann auf einem soliden Fundament fortfahren können.

 

Wir gehen wie folgt vor:

  • Zunächst werden wir versuchen die Argumente, welche gegen die Wirksamkeit der Gaben des Heiligen Geistes heute sprechen darzustellen. Wir wollen dies auf Basis einer biblischen Argumentation und theologischer Positionierung tun. Hierbei bemühen  wir uns um sachliche Klarheit ohne Polemik. Denn wir haben es hier nicht mit Feinden zu tun, sondern mit kontroversen theologischen Positionen anderer Christen, selbst wenn diese uns das Christ-Sein absprechen wollen!
  • Danach werden wir uns mit den Argumenten auseinandersetzen und Gegenargumente aufzeigen. Dies geschieht auf Grundlage einer biblische Auseinandersetzung mit der dargelegten Argumentationslinie. Das Ziel dabei ist, dass wir zu eigenständigen biblischen Positionierung in der Fragestellung kommen. 

Argumente gegen die Wirksamkeit der Gaben heute

In der Auseinandersetzung werde ich vor allem auf die Argumente von MacArthur: „Fremdes Feuer“ und Gaffin in : „Are Miraculous Gifts for Today?“ eingehen. Diese Argumente entsprechen der Sicht des sog. Cessationism.[1]Damit ist eine Position gemeint, die vertritt, dass die Gaben des Geistes mit dem Sterben der Apostel aufgehört haben, oder kurz danach aufgehört haben. Diejenigen, welche diese Position ablehnen und von einem Weiterbestehen der Gaben des Heiligen Geistes sprechen, nennt McArthur “Kontinuisten”, da sie an der Kontinuität der Gaben seit der apostolischen Zeit bis in unsere Zeit hinein festhalten.

Wollen wir uns nun den Argumenten zuwenden, die für die Position ins Feld geführt werden. 



[1]The belief that the charismata—the supernatural gifts of the apostolic church—ceased with or very soon after the days of the apostlesCessationism was the common belief of the churches of the Reformation, but in time a new theory arose. This theory postulated that the charismatacontinued in the church into the third century, until about the time of Constantine, after which they gradually dwindled. The fullest exposition of the classic Protestant position, and the most trenchant criticism of the idea of the retention of the charismataby the church, or of their restoration to it, was produced by the Princeton theologian B. B. Warfield in a series of lectures that he delivered at Columbia Theological Seminary, South Carolina in 1917. These were later published as Counterfeit Miracles.Cairns, A. (2002). In Dictionary of Theological Terms(S. 79–80). Belfast; Greenville, SC: Ambassador Emerald International.


Pfingsten ist heilsgeschichtlich einmalig (historia salutis)

Richard B. Gaffin[1] hält fest, dass man zwischen der Geschichte des Heils (historia salutis) und der Heilsaneignung (engl. order of salvation – ordo salutis) unterscheiden muss (vgl.:31). Die Geschichte des Heils bezieht sich auf das zum Heil des Menschen von Gott her in der Geschichte der Menschheit ein für allemal geschehene (historia salutis). Dazu gehört die Inkarnation, das Kreuz, die Auferstehung und Inthronisation Christi. Diese Heilsereignisse sind ein für allemal geschehen und vollziehen sich nicht immer wieder neu. Genau so verhält es sich mit Pfingsten. Pfingsten ist kein Muster für die Unterscheidung zw. Wiedergeburt und Geistestaufe. Man kann also nicht sagen die Jünger waren vor Pfingsten wiedergeboren und wurden an Pfingsten geistgetauft. 

Dem können wir beipflichten: An Pfingsten wurde der verheißene Hl. Geist als erster Herrschaftsakt Christi ausgegossen. Dies sowohl in soteriologischer (Wiedergeburt), als auch missiologischer (Geistestaufe) Hinsicht (vgl. Pneuma 1 / Block 2 zu diesem Thema). Ich stimme vollkommen damit überein, dass Pfingsten das Werk der Errettung in Christus vollendet und bestätigt. Dies also im Sinne einer historia salutis: Inkarnation => Kreuz => Auferweckung aus den Toten => Inthronisation => Ausgießung des heiligen Geistes und somit Startschuss der Gemeinde[2].

Pfingsten als historisches heilsgeschichtliches Datum ist nicht wiederholbar. Aber das Pfingstereignis im Sinne einer Kraftausrüstung zum Zeugendienst ist eine wiederholbare Erfahrung, sowohl in der Apg. (vgl. Apg 4,31), als auch in den nach Pfingsten folgenden Generationenvon Gläubigen und darf daher nicht mit der soteriologischen Dimension des Hl. Geistes in eins gesetzt werden (vgl. Eph 1,13 und Eph 5,18f.; vgl. auch dazu Unterricht Pneuma 1).

 

Natürlich schließt diese Kraftausrüstung mit dem Heiligen Geist auch die Dimension des Wandels im Geist (Gal 5,16) mit ein. Die ethische Dimension der Gabe des Heiligen Geistes ist ja gerade das Zeichen des Neuen Bundes (vgl. Hes. 36,26). Somit darf man nicht strikt die Kraft des Heiligen Geistes in der Erlösung (Wiedergeburt) von der Nachfolge (Wandel im Geist) und dem Zeugendienst (in der Kraft des Geistes durch Wirkungen des Heiligen Geistes) trennen. Dies gehört zur christlichen Lebensdimension durch/im Heiligen Geist, wie dies uns im NT berichtet wird. Vieles von dem was jetzt als Linienziehung aufgezeigt wurde, wird ausführlicher und tiefer im Unterricht Pneuma 1 Block 2 behandelt. Es ist aber dem Gedankenfluß geschuldet, dass wir es nochmals erwähnen.


[1]in Gaffin; Saucy; Storms; Oss : „Are Miraculous Gifts for Today?“ :31.

[2]Gaffin schreibt: „Conclusion: Pentecost completes Christ´s finished work for our salvation.“ (:36). Dabei ist aber für mich in der Pneumatologie dennoch zu unterscheiden zw. soteriologischer (vor allem bei Paulus reflektiert => Wiedergeburt) und missiologischer Dimension des Hl. Geistes (vor allem bei Lukas reflektiert). Diese zwei Aspekte des Wirkens des Hl. Geistes sind differenziert zu betrachten und nicht einfach in eins zu setzen (vgl. auch hierzu Pneuma 1 / Block 2).


Der apostolische und prophetische Dienst hat aufgehört

Entscheidend ist aber, dass vertreten wird, dass nicht nur Pfingsten, sondern die ganze apostolische Zeit eine eigenen heilsgeschichtlichen Epoche darstellt. So wird die Apostelgeschichte als Ganzes dieser apostolischen Zeit zugerechnet und damit festgehalten, dass die dort berichteten Ereignisse nicht als für alle Zeiten der Gemeinde weiterbestehend betrachtet werden können. Die Absicht der Apostelgeschichte sei es, die Taten der Apostel zu berichten, die dann auch mit dem Sterben der Apostel zu Ende gegangen ist[3].

 

Die Apostelgeschichte hat damit einen Rahmen und ein Ziel: der Rahmen ist mit dem Auftrag an die Apostel gegeben (1,8), das Evangelium bis an die Enden der Erde zu tragen. Das Ziel der Apostelgeschichte ist es zu zeigen, dass dieser gegebene Rahmen auch von den Aposteln ausgefüllt worden ist: Juden in Jerusalem (2,5) => Samaria (8,14) => die Heiden (10,45) und dies immer mit dem Hinweis auf die Apostel (bei Samaria => 8,14; Heiden => 11,1815,8). 

Dies hat nun gemäß der Position des Cessetianism eine Bedeutung. Denn die Wunder sind in Zusammenhang mit dem Auftrag Jesu an die Apostel zu sehen[4]. Auch wenn von anderen neben den Aposteln ausgesagt wird, dass sie in der Kraft des Heiligen Geistes dienten (vgl. Stephanus Apg 6,8; oder Philippus Apg 8,6.13), taten sie dies sozusagen unter der Schirmherrschaft der Apostel[5].

Gemäß Gaffin (:42) verneint der Cessatianism nicht, dass auch heute noch Wunder geschehen. Gott kann Wunder wirken. Ebenso kann Gott auch heute noch heilen (vgl. Jak 5,14-16) und die Ältesten sollen auch für Kranke beten. Es wird jedoch vertreten, dass die Gaben des Heiligen Geistes gemäß 1.Kor 12,9-10 mit den Aposteln und der apostolischen Zeit geendet haben. Die Heilungen, die im Zusammenhang mit Jak 5,14-16 stehen, geschehen durch das gläubige Gebet und beruhen nicht auf einer speziellen Heilungsgabe, wie dies z.B. in 1.Kor 12,9 erwähnt wird. Die Gaben in 1.Kor 12,9-10 gehören zur apostolischen Zeit und sind den Zeichen der Apostel zu zuzählen (vgl. 2.Kor 12,12).

Somit haben mit der apostolischen Zeit auch alle Offenbarungs- oder Wortgaben, die in 1.Kor 12,9-10 aufgeführt werden, aufgehört (Wort der Weisheit, Wort der Erkenntnis, Weissagung, Arten der Sprachen, Auslegung der Sprachen)[6]. Hierbei wird von Gaffin wiederum auf die Geschichte des Heils verwiesen (historia salutis) zu der er dann eben auch die apostolische Zeit rechnet. 

 

Das Argument verläuft wie folgt: Gott baut seine Gemeinde, dabei ist das Bild des Baus sehr entscheidend (Eph 2,11-21). In diesem Bau aber sind die Apostel und Propheten das Fundament (Eph 2,20). Das Fundament kommt immer zuerst und muss nicht immer wieder neu gelegt werden. Die Apostel und Propheten gehören der ersten Zeit der Kirchean und haben das Fundament für die Kirche ein für allemal gelegt[7]! Somit sind aber auch die Ämter/Dienstfunktionen der Apostel und Propheten zeitlich auf diese Anfangszeit begrenzt. 

 

  • Dabei ist jetzt folgendes zu beachtenJesus Christus ist das eigentliche Fundamentder Gemeinde (vgl. 1.Kor 3,11). Dieses Fundament ist gelegt: sein Tod und seine Auferstehung ist das eigentliche Fundament der Kirche. Denn nur durch sein Erlösungswerk ist die Kirche erst möglich. Erst diese soteriologische Wirklichkeit ermöglicht die ekklesiologische Wirklichkeit, oder einfacher ausgedrückt: ohne das Erlösungswerk Jesu Christi keine Gemeinde/Kirche. Die Bedeutung der Apostel dabei ist, dass sie die von Christus bestimmten Augenzeugen dieses Heilswerk Gottes in seinem Sohn sind (vgl. Apg 1,2.8.21-26; 1.Kor 9,1; 15,1-4.8-11; Gal 1,1.15-16). Gaffin schreibt (:43-44): „The apostles (and the prophets along with them), in other words, are the foundation oft he church because of their witness – their inspired, revelatory witness (note Eph 3:5: „ now ... revealed by the Spirit to God´s holy apostles and prophets“).“ Nachdem aber diese Augenzeugen der ersten Generation gestorben waren, verschwanden mit ihnen auch die Offenbarungsgaben. Aber ihr Zeugenwort blieb für die Kirche aller Zeiten richtungsweisend und fundamental. Dieses apostolisch-prophetische Zeugenwort finden wir im Kanon der Schrift[8]!
  • Folge davon ist (so die Argumentation): Das Festhalten an der Kontinuität von Offenbarungsgaben relativiert die Schrift in ihrer Bedeutung! Denn wenn Gott heute noch Offenbarungsgaben gibt, stehen diese doch auf gleicher Ebene wie das apostolische Zeugnis der Schrift. Wenn Gott damals in der apostolischen Zeit durch die Apostel und Propheten geredet hat und heute noch durch Offenbarungsgaben von Aposteln und Propheten redet, dann steht hinter beidem die Autorität Gottes. Folglich besteht kein Unterschied zw. damals und heute, da Gott hinter beidem steht. Dies bedeutet aber dann auch, dass beides auf der gleichen Ebene anzusiedeln ist (Damals apostolisches – prophetisches Reden ó heute noch apostolisches – prophetisches Reden => beides hat göttliche Autorität!). Dies kann aber so nicht sein. Somit muss klar sein, dass es eine apostolische Zeit und eine nachapostolische Zeit gibt. Hier steht die Entscheidung zwischen einem geschlossenen Kanon (apostolisches Zeugnis der Schrift) und einem offenen Kanon (Gott hat damals geredet und tut es auch heute noch). Dieses Argument ist sicherlich ernst zu nehmen!

 

Gaffin (vgl.:45) sagt, dass es manche Kontinuisten gibt, die ebenfalls vertreten, dass der apostolische Dienst mit den ersten Aposteln geendet hat. Damit sind sie aber gemäß Gaffin eigentlich Verstreter des Cessationism und müssten konsequenterweise auch das Verschwinden der Offenbarungsgaben aus 1.Kor 12,8-10 vertreten, da diese an den apostolischen - prophetischen Dienst gebunden sind[9].



[1]in Gaffin; Saucy; Storms; Oss : „Are Miraculous Gifts for Today?“ :31.

[2]Gaffin schreibt: „Conclusion: Pentecost completes Christ´s finished work for our salvation.“ (:36). Dabei ist aber für mich in der Pneumatologie dennoch zu unterscheiden zw. soteriologischer (vor allem bei Paulus reflektiert => Wiedergeburt) und missiologischer Dimension des Hl. Geistes (vor allem bei Lukas reflektiert). Diese zwei Aspekte des Wirkens des Hl. Geistes sind differenziert zu betrachten und nicht einfach in eins zu setzen (vgl. auch hierzu Pneuma 1 / Block 2).

[3]Gaffin schreibt: „Acts intends to document a completed history, a unique epoch in the history of redemption – the once-for-all, apostolicspread oft he gospel „to the ends of the earth“. There is no need for a Part Three to Theophilius. The outcome for the apostle (Paul) is left unresolved, but not fort the apostolic gospel; it has covered the earth (cf. Col. 1:6, 23). Although here will be a postapostolic future, the history that interests Luke is finished.“ (:37-38).

[4]Gaffin: „It is in terms of this controlling perspective that the miraculous experiences of those at Pentecost and elsewhere in Acts have their meaning. These miracles attest the realization oft he expanding apostolic program announced in Acts 1:8: Jerusalem and Judea, Samaria, the ends oft he earth – or, in ethnic terms, Jews, half-Jews, non-Jews/Gentiles (note the parallelism of „Gentiles“ and „ends oft he earth“ in Isa. 49:6, cited in Acts 13,47).“ (:38).

[5]Gaffin: „Others exercise such gifts by virtue oft he presence and activity oft the apostles; they do so under an „apostolic umbrella“, so to speak. Their activity, too, belongs to Luke´s global conern, intimated at the outset (cf. 1:1-2): what the exalted Christ is doing by the Holy Spirit through the apostles.“ (:39).

[6]Gaffin: „By word gifts I have in mind (with a view tot he lists in Rom. 12:6-8; 1 Cor 12:8-10; 28-31; and Eph 4:11) prophecy and ist assessment, tongues and their interpretation, the word of wisdom, and the word of knowledge. Since it is generally recognized that a certain amount of overlap exists among these gifts (according to 1 Cor 14, for instance, prophecy and interpreted tongues are functionally equivalent), we may view them together, generally, as prophetic gifts.“ (:42).

[7]„In terms of this dynamic model fort he church, the apostles and prophets belong tot he period oft he foundation. In other words, by the divine architect´s design, the presence of apostles and prophets in the history oft he church is temporary.“ (Gaffin:43). 

[8]„The apostolicity of the „one, holy, catholic ... church“ (Nicene Creed) is revealed wherever the church holds faithfully to and builds firmly on the finished apostolic-prophetic witness to Christ´s finished work and to the implications of that witness for faith and life. This complete, foundational witness is preserved, in its full scope if not its entire extent, as the New Testament.“ (Gaffin: 44).

[9]„Is it coherent exegetically and theologically to maintain, on the one hand, the cessation oft he revelatory word gift of apostleship (for surely it was primarily that, cf. Gal. 1:11-12; 1 Thess. 2:13) and, on the other, the continuation oft he prophetic gifts? Would not such continuation take us back tot he open canon situation oft he early church, and do so without the control of a living apostolate?“ (Gaffin:45). 


Problemstellung bzw. Fragestellungen, die sich daraus ergeben:

Problemstellung/Fragestellungen:  Wenn es heute noch prophetisches Redengibt (Offenbarungsgaben), dann muss geklärt werden, in welchem Zusammenhang dies mit dem Dienst des Apostels und Propheten[1]der Anfangszeit steht. Wenn das Weiterbestehen von Offenbarungsgabenvertreten wird, dann muss erklärt werden, warum es fehlbare (heutige Prophetie)[2]und unfehlbare Offenbarungsgaben geben soll (Zeugnis der Apostel und Propheten). Wenn es heute noch die Offenbarungsgaben gibt, dann muss erläutert werden in welchem Autoritätsverhältnis diese zur Schrift selbst stehen(geschlossener Kanon vs. offener Kanon). Wenn von einem Weiterbestehen des apostolischen als auch prophetischen Dienstes gemäß Eph 4,11 ausgegangen wird, dann muss klargelegt werden, wie diese Dienste im Verhältnis zu dem apostolisch-prophetischen Diensten aus Eph 2,20 und 3,8 stehen. Wenn von einemAufhören des apostolischen Dienstes ausgegangen wird, muss erklärt werden warum man dennoch an einem Fortbestehen eines prophetischen Dienstes festhält, da ja beide gemäß Eph 2,20 zur Fundamentlegung der ersten Zeit gehören. Wenn ich dies richtig sehen, dann sind die entscheidenden Fragen folgende:

  1. Hat der apostolische und prophetische Dienst/Amt aus Eph 4,11 od. 1.Kor 12,28 aufgehört?
  2. Haben die Offenbarungsgaben des Heiligen Geistes gemäß 1.Kor 12,8ff. aufgehört?
  3. In welchem Verhältnis stehen die Offenbarungsgaben von Heute zur Schrift (geschlossener oder offener Kanon)?


[1]Interessant ist ebenfalls Gaffins Hinweis (vgl.: 51), dass in 1.Kor 12,28 die Aufzählung „erstens...zweitens...drittens“ erfolgt und somit eine gewisse Rangfolge der Dienste aufgezeigt wird. Wenn dies aber der Fall ist, dann steht der Prophet ja über dem Lehrer, so Gaffin. Gäbe es jetzt aber fehlbare Prophetie und man ist aufgerufen sie zu prüfen, dann wäre ja gerade das Wort der Maßstab und der Lehrer derjenige, der die Bedeutung des Wortes darlegt. Steht aber der Prophet über dem Lehrer, dann kann er nicht durch den Lehrer korrigiert werden, sondern ist auch richtungsweisend für den Lehrer. Es ist hierbei wirklich die Frage, ob man in 1.Kor 12,28 eine Rangfolge im Sinne einer Hierarchie sehen muss/kann. Es ist eher wahrscheinlich, dass hier die Gewichtung in Bezug auf die Grundlegung der Gemeinde im Blick ist. Also keine Rangordnung im Sinne einer Hierarchie, sondern eine Gewichtung aufgrund der Funktion. Dabei steht aber letztendlich nicht das eine über dem Anderen, sondern ist auf Ergänzung hin angelegt, wie dies im Bild des Leibes grundsätzlich in diesem Kapitel dargelegt wird. Fee schreibt (:190): „Why, then, does Paul rank the first three? That is more difficult to answer; but it is almost certainly related to his own conviction as to the role these three ministries play in the church. It is not so much that one is more important than the other, or that this is necessarily their order of authority; rather, one has precedenceover the other in the founding and building up of the local assembly. In light of 14:37 and the probability that those who have taken the lead against Paul are considered “prophets,” one is tempted to see here a subordinating of such people to the apostle, who is giving them “the Lord’s command” over against their “prophets.” It is perhaps noteworthy that none of these “ranked persons” is addressedas such in this letter, which suggests further that we are not dealing with recognized “offices” in the Corinthian assembly.”Fee, G. D. (2011). God’s Empowering Presence: The Holy Spirit in the Letters of Paul(S. 190). Grand Rapids, MI: Baker Academic.

[2]Gaffin (:50): „In sum, the fallible prophecy view is unable to offer a single supporting New Testament example.“ Diese Aussage ist sicherlich wahr, doch muss im Zusammenhang dann auch erklärt werden, weshalb Paulus in 1.Thess 4,20ff. sagt, man solle die Weissagung nicht verachten, aber alles prüfen? Dies wird später zu reflektieren sein (hier ebenfalls dann 1.Kor 14,29). Vgl. dazu die Position von Gaffin (:50ff.).


Stellungnahme

Besteht der Dienst der Apostel und Propheten noch heute?

Eine großes Gewicht in Argumentation wird darauf geleget, dass der Dienst der Apostel und Propheten der ersten Gemeinde geendet habe. Die Argumentationslinie ist: Apostel und Propheten dienten in den Offenbarungsgaben (1.Kor 12) => mit dem Tod der Apostel und Propheten der Gründungszeit (vgl. Eph 2,20) haben auch die Offenbarungsgaben aufgehört.

Diese Argumentation ist in sich schlüssig und muss von der Schrift her geklärt werden. Wenn wir Eph 4,11ff. anschauen und dort den vier bzw. fünfältigen Dienst vorfinden, kommen wir nicht zum Schluss, dass dieser aufgehört haben könnte. Wir lesen:

 

  11Und erhat die einen als Apostel gegeben und andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer,12zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes Christi,  13bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubensund der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zur vollen Mannesreife, zum Vollmaß des Wuchses der Fülle Christi.“

 

Entscheidend scheint mir hier V.11 zu sein: „bis wir hingelangen...“! Dies verweist nicht auf einen Zustand, welcher mit dem Sterben der ersten Apostel erreicht worden wäre. Es verweist vielmehr auf den Zustand, den die Gemeinde erst bei der Vollendung in der Wiederkunft Christi erreicht haben wird.[1]Es ist sicherlich nicht zu bezweifeln, dass die Gemeinde Jesu auf ihrem Weg zum Ziel in der Spannung zw. dem erreichten Sieg Christi und der Vollendung steht. Die Frage aber ist, inwieweit dabei die Dienste aus Eph 4,11 noch weiter bestehen. Die Aufgabe der dort beschriebenen Dienste besteht darin, die Heiligen für das Werk des Dienstes zuzurüsten (V.12). Hierbei gehen die Sichtweisen auseinander. McArthur (:163) schreibt z.B.:

 

„Somit ist die Auferbauung des Leibes Christi durch die Heiligen das, was fortbesteht, bis die in Vers 13 genannten Umstände verwirklicht werden. Nichts im Text weist darauf hin, dass Apostel und Propheten das ganze Gemeindezeitalter hindurch vorhanden wären; es ist vielmehr lediglich das von ihnen begonnene Werk (die Zurüstung der Heiligen, um den Leib Christi aufzuerbauen), das fortbestehen wird.“

 

Dabei verweist er zum Einen auf den Kontext des Eph. Briefes: Eph 2,20 (Fundamentfunktion der Apostel und Propheten und Fundament wird nur einmal gelegt, danach wird darauf aufgebaut) und zum Anderen auf den grammatikalischen Zusammenhang im Text, der seiner Meinung nach wie folgt ausschaut (:162):

 

„Grammatikalisch verweist jedoch das Wort >>bis<< in Vers 13 auf den nächsten vorangehenden Nominalausdruck in Vers 12 (>>für die Erbauung<<) und nicht auf den weiter entfernten Verbalausdruck >>gegeben<< in Vers 11. Daher will Paulus hiermit sagen, dass Christus diese in Vers 11 genannten Ämter gegeben hat, damit – so Vers 12 – die Heiligen ausgerüstet werdenum den Leib Christi zu erbauen.“

 

Diese Argumentation ist in sich nicht schlüssig, denn die in V.11 aufgezählten Dienste haben das Ziel der Zurüstung und Auferbauung der Gläubigen (alle vier bzw. fünf Dienstfunktionen). Nach McArthur ist dies bereits durch den Dienst der Apostel und Propheten durch ihren Verkündigungsdienst geschehen (übrig bleiben dann nur noch Evangelisten, Hirten und Lehrer). Nun erbaut sich der Leib weiter auf Grundlage des Dienstes der Apostel und Propheten und ihr Zeugnis, welches wir in der Schrift enthalten finden. Dabei wird jetzt der apostolische und prophetische Dienst von der selbst Schrift übernommen. Dies ist schon aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Kanonisierungsprozesses, in den ersten Jahrhunderten, eher fragwürdig.

 

Interessant ist, dass McArthur z.B. den Dienst der Evangelisten – Hirten und Lehrer weiterhin als in Funktion sieht und schreibt (:164):

„Weil Paulus bereits angedeutet hat, dass Apostel und Propheten nur für die Gründungsphase gegeben sind, muss er hier nicht wiederholen, dass diese Ämter nur vorübergehend bestanden. Obwohl diese beiden Ämter nicht über das 1.Jahrhundert der Kirchengeschichte hinausgehen, rüsten die Apostel und Prophten die Heiligen immer noch zu: durch die vom Heiligen Geist inspirierten Schriften, die sie uns hinterlassen haben, d.i. das Neue Testament. Die anderen drei Ämter – Evangelist, Hirte und Lehrer – haben tatsächlich die ganze Kirchengeschichte hindurch Bestand. Als solche rüsten sie weiterhin die Gläubigen jeder Generation zu, um die Gemeinde zu erbauen.“

 

Mir scheint diese Argumentation zu sehr in den Text hineingepresst und die eigene theologische Position der Vater der Interpretation ist. Wenn wir den Text so auf uns wirken lassen, dann verweist nichts darauf hin, dass Paulus vom Ende des apostolischen oder prophetischen Dienstes ausgeht. Im Gegenteil, er geht davon aus, dass diese Dienste, die der HERR der Gemeinde gebegeben hat, bis zum Ende bestehen bleiben. Der Text gibt für mich eine Deutung wie er von McArthur vertreten wird nicht her. Somit komme ich zur Überzeugung, dass der Dienst der Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer zur Zurüstung und Auferbauung der Heiligen bis zur Wiederkunft Christi weiterbesteht. Wenn dies aber so ist, dann müssen wir aber doch die Frage stellen, wie der Dienst der Apostel und Prophten von Eph 4,11, wenn er denn wirklich bis zur Wiederkunft Christi weiterbesteht, sich zu dem in Eph 2,20 geschilderten Dienst der Apostel und Propheten verhält.

 

Dass es sich in Eph 2,20 sowohl um ntl. Apostel als auch ntl. Propheten handelt, ergibt sich aus dem Textzusammenhang vgl. Eph 3,5 (also nicht AT = Propheten und NT = Apostel, dann wäre sicherlich auch die Reihenfolge anderes vgl. z.B. Hebr 1,1).

Ein Fehler, der meiner Meinung hierin gemacht wird, ist unter dem Begriff der Apostel allein den 12er Kreis, inklusiv Paulus zu sehen. Dieser Kreis hatte sicherlich eine zentrale Bedeutung in Bezug auf die Frage nach wahrer Apostolizität. Selbst Paulus achtete und unterstellte sich dem Leitungskreis der Jerusalemer Gemeinde (vgl. Gal 2,2 => Jakobus, Kephas, Johannes Gal 2,9). Paulus tat dies nicht, weil er sich im Zweifel darüber war, ob er denn Apostel Jesu Christi sei oder nicht (vgl. Gal 1,11-24=> Gal 1,16). Er ging hin, weil er Spaltungen vermeiden wollte und suchte die Einheit mit den leitenden Brüdern in Jerusalem.[2]Auch Apg. 15 verweist uns auf die Autorität der Leiterschaft in Jerusalem. Was kennzeichnet nun diesen engen Kreis der apostolischen Leiterschaft? Folgende Kriterien waren dafür notwendig (vgl. Apg. 1,21): Wegbegleiter des irdischen Jesus (angefangen von der Taufe des Johannes bis zur Himmelfahrt) und daher Augenzeuge seiner Auferstehung (dies galt für die Wahl dessen, der den Platz Judas einnehmen sollte). Für die zwölf gehörte noch dazu, dass sie persönlich von Jesus in den Dienst gerufen wurden (vgl. Mt. 10,1-4; Lk 6,12ff.; Mk 3,13-19; Apg 1,13 => Judas[3]des Jakobus Bruder/Sohn vgl. Lk und Apg. wird wohl derselbe sein wie Thaddäus[4]bei Mt.und Mk. vgl. auch Joh 14,22). Doch schon hier zeigt sich, dass Matthias zum apostolischen Leitungskreis in Jerusalem gerechnet wurde, obwohl er nicht persönlich von Jesus eingesetzt worden ist. Ebenso verhält es sich mit Jakobus dem Herrenbruder (Apg. 12,17; 15,13; Gal 1,19; Gal 2,9=> Mt 13,55). Jakobus, der Bruder des HERRN, wurde nicht von Jesus persönlich als Apostel berufen und eingesetzt, dennoch gehörte er zum apostolischen Leitungskreis der jerusalemer Gemeinde. Jesus war ihm nach der Auferstehung persönlich erschienen (vgl. 1.Kor 15,7). Nicht nur das, sondern es scheint so, dass er zuminneren Kreis der Leitung gehörte, von hohem Ansehen war und großen Einfluss hatte (vgl. Apg. 15,13; Gal 2,9 vor Petrus genannt => als Apostel bezeichnet Gal 1,19 vgl. 1.Kor 15,7).[5]Unzweifelhaft ist dieser enge apostolische Leiterkreis als Fundament der Gemeinde zu betrachten, wie dies in Eph 2,20 beschrieben ist. Hierbei gibt es eine apostolische Überlieferung die fundamental wichtig ist. Paulus konnte sagen (Gal 1,8ff.):

 

  8Wenn aber auch wir oder ein Engel aus dem Himmel euch etwas als Evangelium entgegen dem verkündigten, was wir euch als Evangelium verkündigt haben: er sei verflucht!  9Wie wir früher gesagt haben, so sage ich auch jetzt wieder: Wenn jemand euch etwas als Evangelium verkündigt entgegen dem, was ihr empfangen habt: er sei verflucht! 10Denn rede ich jetzt Menschen zuliebe oder Gott? Oder suche ich Menschen zu gefallen? Wenn ich noch Menschen gefiele, so wäre ich Christi Knecht nicht.

 

Es gab einen Maßstab in der Evangeliums Verkündigung und dies war die apostolische Legitimation der Verkündigung (selbst Paulus stellte sich der Prüfung dieser Autorität Gal 2,2). Paulus hielt sich nicht nur an die persönliche Christusoffenbarung (Gal 1,11ff.Apg. 9,5.20Eph 3,3), sondern befand sich im Einklang mit den übrigen von Christus persönlich eingesetzten und ihnen persönlich erschienen Aposteln (vgl. 1.Kor 15,3=> 1.Kor 11,2;2.Thess 2,15; 2.Thess 3,6). Es gab offensichtlich eine Überlieferung, die für den christlichen Glauben fundamental war. Mit dem Begriff παράδοσις (paradosis) wird grundsätzlich folgendes ausgedrückt (EWNT Bd.III :49):

 

π. bedeutete im NT durchgehend traditionelle Regelung...; sie wird den Generationen mit dem Vollmachtsanspruch auf Befolgung weitergegeben bzw. entsprechend rezitiert. π. steht damit nahe bei Satzung, Gebet, Gesetz (vgl. Gal 1,14mit Phil 3,6...). Die Regelung wird „gelehrt, übergeben, übernommen, gehalten, ergriffen“; man „wandelt“ nach ihr bzw. „übertritt“ sie. Die Bedeutungsstruktur bleibt vom Anwendungsbereich (jüd. π.: Mk 7 par; Gal 1, christl.: 1.Kor; 2Thess, häretische: Kol 2) und Wertungen unberührt. Abgelehnt wird π., wenn sie menschlicher Art ist und dem Willen Gottes entgegensteht.

 

Es handelt sich also bei der apostolischen Überlieferung, um eine für die Gemeinde zu allen Zeiten fundamentale Richtschnur (Kanon) für die Lehre und Praxis bezüglich dem wahren christlichen Glauben. Diese ist uns im Christuszeugnis der ersten Apostel gegeben und diese finden wir in den apostolischen Schriften niedergeschrieben. Der Kanon des NT ist Überlieferung der apostolischen Lehre bezüglich des Christusereignisses. Dabei ist natürlich auch das AT zum NT als Richtschnur zu zählen, da das NT nur vom AT her in seiner Tiefe verstanden wird (hierzu Bibliologie und Hermeneutik). 

 

Es ist also zunächst festzuhalten, dass neben den von Jesus persönlich eingesetzten Aposteln auch andere wie z.B. Jakobus, der Bruder des HERRN und Matthias (Apg. 1,15), als auch Paulus, sowie Barnabas (1.Kor 9,1ff.6.;Apg 13,2) zu diesem engen Kreis der apostolischen Leiterschaft der ersten Gemeinde zu zählen sind. Nun ist dieser Kreis nicht in sich, sondern in dem was sie bezeugen das Fundament der Gemeinde Jesu (Eph 2,20). Das eigentliche Fundament auf dem die Gemeinde steht ist nämlich Jesus Christus selbst (1.Kor 3,6-17): 

 

6Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber hat das Wachstum gegeben.  7So ist weder der da pflanzt etwas, noch der da begießt, sondern Gott, der das Wachstum gibt.  8Der aber pflanzt und der begießt, sind eins; jeder aber wird seinen eigenen Lohn empfangen nach seiner eigenen Arbeit.  9Denn Gottes Mitarbeiter sind wir; Gottes Ackerfeld, Gottes Bau seid ihr.  10Nach der Gnade Gottes, die mir gegeben ist, habe ich als ein weiser Baumeister den Grund gelegtein anderer aber baut darauf; jeder aber sehe zu, wie er darauf baut. 11Denn einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. 12Wenn aber jemand auf den Grund Gold, Silber, kostbare Steine, Holz, Heu, Stroh baut,  13so wird das Werk eines jeden offenbar werden, denn der Tag wird es klarmachen, weil er in Feuer geoffenbart wird. Und wie das Werk eines jeden beschaffen ist, das wird das Feuer erweisen.  14Wenn jemandes Werk bleiben wird, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen; 15wenn jemandes Werk verbrennen wird, so wird er Schaden leiden, er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer.  16Wißt ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?  17Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr.

 

Hier wird die Bedeutung des apostolischen Dienstes sehr schön beschrieben: ich haben den Grund gelegt (entspricht Eph 2,20 => θεμέλιος[6]/ temelios). Doch einen anderen Grund, ein anderes Fundament (θεμέλιος) kann niemand legen, als den der bereits gelegt ist: Christus (dies entspricht ebenfalls Eph 2,20 => Christus ist der Eckstein ἀκρογωνιαῖος[7]/ akrogoniaios)! Somit besteht der apostolische Dienst darin, den Grund zu legen, welcher Christus Jesus selbst ist! Dabei ist natürlich selbstverständlich, dass gerade die ersten Christuszeugen von zentraler Bedeutung sind (vgl. 1.Joh 1,1-4; Hebr 2,1-4). Ihr Christuszeugnis ist die Überlieferung in Bezug auf Lehre und Praxis, welche das Fundament der Gemeinde für alle Zeiten darstellt.

Es wurde aber nicht nur dieser enge Kreis der apostolischen Zeugen als Apostel bezeichnet. Es werden auch noch andere Personen, die als Apostel mit der ähnlichen Dienstfunktion zu sehen sind genannt. So lesen wir in Röm 16,7:

 

7Grüßt Andronikus und Junias, meine Verwandten und meine Mitgefangenen, die unter den Aposteln ausgezeichnet sind, die schon vor mir in Christus waren!  8Grüßt Ampliatus, meinen Geliebten im Herrn.

 

Diese Stelle ist nicht unumstritten. Zunächst ist einmal festzuhalten, dass Junias am Wahrscheinlichsten eine Frau ist und somit besser übersetzt wird mit: Junia (Zürcher Übersetzung).[8]Die patristische Literatur bis hinein in´s 12Jh. übersetzt dies mit Junia, also feminin. Noch überraschender und vielleicht für manche auch herausfordernder ist die Frage, ob diese Frau nun als Apostel zu bezeichnen ist? Die Frage ist nämlich, ob man: „... die unter den Aposteln ausgezeichnet sind“, also ein hohes Ansehen als Apostel hatten, oder: „... die bei den Aposteln angesehen sind“, also in hohem Ansehen bei den Aposteln hatten, selbst aber keine Apostel waren, übersetzen soll. Auch hier gehen natürlich die Positionen auseinander und dies z.T. aus theologischen Gründen.[9]Es spricht vieles dafür Andronikus und Junia als Personen zu sehen, die im apostolischen Dienst standen. Die Frage ist, ob man ἐπίσημοι ἐν τοῖς ἀποστόλοις inklusiv (angesehen unter den Apostel), oder exklusiv (angesehen bei den Aposteln) übersetzt. Belleville zitiert von Kruse (Kruse,:566):

 

Although Burer and Wallace argue for an exclusiverendering of episēmoi en tois apostolois(‘well known to the apostles’), all patristic commentators attest to an inclusive understanding (‘prominent among the apostles’). The simple fact is that if native, educated speakers of Greek understood the phrase to be inclusive and Iounianto be feminine, the burden of proof (die Last der Beweisführung)lies with those who could claim otherwise. Indeed, the burden of proof has not been met. Not even reasonable doubt has been established, for all the extra-biblical parallels adduced (erbrachten) support an inclusive understandingThe sole basis is a theological and functional dispositionagainst the naming of a woman among the first-century cadre of apostles.”[10]

 

Somit schließe mich der Sichtweise an, dass Junia zum Einen eine Frau war und zum Anderen im apostolischen Dienst stand. So nehme ich an, dass Andronikus und Junia als Ehepaar im apostolischen Dienst standen. Dieser apostolische Dienst wird vielleicht am Besten mit dem Begriff „Missionar“ zu verstehen sein, dabei sich aber ähnlich wie der Dienst des Paulus vollzogen haben (Grundlegung in der Christusverkündigung). Auch Priska und Akuila waren ein Ehepaar, welches miteinander im Dienst standen. Sie werden in Röm 16,3 als Mitarbeiter des Paulus in Christus Jesus bezeichnet. Sie standen gemeinsam mit Paulus im apostolischen Dienst (vgl. Apg 18,2 in Korinth; Apg 18,18; und blieben dann in Ephesus Apg 18,23ff. und belehrten Apollos noch genauer über den Weg des Herrn Apg 18,26 => sie kamen von Rom, nachdem Klaudius 49n.Ch vgl. Apg 18,2 eine Ausweisung der Juden aus Rom angeordnet hat => wahrscheinlich waren sie schon in Rom Gemeindeleiter einer judenchristlichen Gemeinde), und leiteten zur Zeit der Abfassung des Römerbriefes (ca. 57 n.Chr.) in Rom eine Hausgemeinde (Röm 16,5; ebenfalls leitenden sie eine Gemeinde in Ephesus, Abfassungsort des Koritherbriefes: 1.Kor 16,19).[11]Auch Apollos wird wohl einen apostolischen Dienst in der Art von Priska und Aquilla verrichtet haben (vgl. 1.Kor 1,12). Er war ein begabter Redner, gebildet (ἀνὴρ λόγιος) und kundig in den Schriften (δυνατὸς ὢν ἐν ταῖς γραφαῖς Apg 18,24). Er war ebenfalls ein “Wanderprediger” oder wie wir es nennen würde ein Missionar. Sein Einfluss war nicht auf eine lokale Gemeinde beschränkt. So lesen wir in Apg. 18,27, als Apollos von Ephesus nach Achaja reisen wollte:

  27Als er aber nach Achaja reisen wollte, schrieben die Brüder den Jüngern und ermahnten sie, ihn aufzunehmen. Dieser war, als er hinkam, den Glaubenden durch die Gnade sehr behilflich;  28denn kräftig widerlegte er die Juden öffentlich, indem er durch die Schriften bewies, daß Jesus der Christus ist.[12]

 

Die Hauptstadt von Achaia war Korinth und sein Einfluss in Korinth hat die dortige Gemeinde wohl sehr geprägt (vgl. 1.Kor 1,12). Auch Paulus stand hinter dem Dienst von Apollos (vgl. Tit 3,13). So kann man wohl sagen, dass es diesen zweiten Kreis des apostolischen Dienstes gab, der im Sinne, im Auftrag und in Übereinstimmung mit dem inneren Kreis der Apostel einen apostolischen Dienst taten. Zwar werden weder Apollos noch Priska und Aquilla als Apostel bezeichnet, dennoch waren sie eng mit dem apostolischen Dienst des Paulus verbunden. Dass es nicht nur den inneren Kreis der Apostel, wie oben dargelegt gab, davon zeugt auch Röm 16,7 (Andronikus und Junia).

Auch Timotheus[13]und Titus[14]waren sehr eng mit dem apostolischen Dienst des Paulus verbunden. Nicht nur dass sie mit Paulus auf missionarischen Reisen unterwegs waren, sondern Timotheus und Titus waren auch Abgesandte des Paulus, um den Gemeinden zurecht zu helfen (vgl. Pastoralbriefe). Man kann sicherlich sagen, dass auch sie einen apostolischen Dienst ausübten. Interessant ist auch die Stelle 1.Thess. 2,6, in der geschrieben steht:

 

  5Denn weder sind wir jemals mit schmeichelnder Rede aufgetreten, wie ihr wißt, noch mit einem Vorwand für Habsucht – Gott ist Zeuge –  6noch suchten wir Ehre von Menschen, weder von euch noch von anderen,  7obwohl wir als Christi Apostel gewichtig hätten auftreten können; sondern wir sind in eurer Mitte zart gewesenb, wie eine stillende Mutter ihre Kinder pflegt.

 

Die Frage ist, wer in V.7mit „wir“ gemeint sein könnte. Wenn wir den Briefanfang anschauen, dann lesen wir 1.Thess 1,1f.:

 

1Paulus und Silvanus und Timotheus der Gemeinde der Thessalonicher in Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus: Gnade euch und Friede!

 

Man kann den Schluss ziehen, dass in 1.Thess. 2,7 die Absender des Briefes gemeint sind. Somit würde Paulus hier sowohl sich selbst als auch Silvanus und Timotheus als Christi Apostel bezeichnen! Dies macht vom Kontext dieser Stelle her absolut Sinn.[15]Somit wäre auch Silvanus[16]in diesen zweiten Kreis des apostolischen Dienstes zu rechnen. 

Ebenfalls ist hier auch noch Barnabas zu nennen, den man getrost als Apostel in diesem Sinne des zweiten Kreises neben dem inneren Kreis zählen kann. Paulus bezeichnet sich und Barnabas als Apostel (vgl. 1.Kor 9,6). Barnabas zählte zu den ersten Gläubigen zu Jerusalem (Apg 4,36f.), er wurde als Gesandter der Gemeinde von Jersualem nach Antiochia gesandt (Apg 11,22f.), um die Gemeinde dort zu kontaktieren. Er ging dann auch hin und holte Paulus von Tarsus nach Antiochia (Apg 11,25) und diente gemeinsam mit Paulus ein Jahr dort in Antiochia dienten und die Menschen lehrten (Apg. 11,26). Dies geschah mit großer Auswirkung (Apg. 11,26 „eine zahlreiche Menge lehrten und dass die Jünger zuerst in Antiochia Christen genannt wurden.“). So waren denn auch Barnabas und Paulus Abgesandte der Gemeinde Antiochia um der Gemeinde in Jersualem finazielle Unterstützung zukommen zu lassen (vgl. Apg 11,27-30). Sie wurden auch von der Gemeinde in Antiochia zu ihrem apostolischen Dienst ausgesandt (vgl. Apg 13,1-3). Dies soll genügen um festzuhalten, dass der apostolische Dienst nicht allein auf den engen Kreis der 12 begrenzt gewesen war, sondern dass dieser Dienst auch durch weitere Kreise des apostolischen Dienstes ausgeübt worden war. 

Dabei ist jetzt noch ein weiterer Kreis dessen aufzuzeigen, was im NT unter dem Begriff Apostel verstanden worden ist. So lesen wir über Epaphroditus in Phil 2,25:

 

25Ich habe es aber für nötig gehalten, Epaphroditus, meinen Bruder und Mitarbeiter und Mitstreiter, euren Abgesandten und Diener meines Bedarfs (ὑμῶν δὲ ἀπόστολον καὶ λειτουργὸν τῆς χρείας μου), zu euch zu senden;

 

Es gab offensichtlich Menschen, das haben wir bereits bei Paulus und Barnabas gesehen, die Gesandte von Gemeinden waren. So war Epaphroditus ein Gesandter (ἀπόστολος / apostolos) der Gemeinde von Philippi, um Paulus in seinem Dienst beizustehen. Paulus nennt ihn Bruder (ἀδελφός / adelphos), Mitarbeiter (συνεργός / synergos), Mitstreiter (συστρατιώτης / systpatiotäs) und Diener meines Bedarfs (λειτουργὸν τῆς χρείας μου). Als Gesandter (Apostel) der Gemeinde von Philippi war er offensichtlich für Paulus in seinem Dienst eine große Unterstützung. Er war sicherlich mehr als nur ein Diener des Paulus (Bruder – Mitarbeiter – Mitstreiter)![17]Er unterstützte Paulus in seinem apostolischen Dienst. Die allgemeine Bedeutung des Gesandten wird hier nun deutlich sichtbar. So waren ja auch Paulus und Barnabas als Gesandte der Gemeinde von Antiochia mit Geldspenden nach Jerusalem entsandt. Dies bedeutet nicht, dass sie einen apostolischen Dienst verrichteten, wie er uns in Eph 4,11 als Dienstgabe vor Augen geführt wird. Dies würde ich jetzt als dritten Kreis um den Begriff Apostel ziehen. 

So ziehe ich nun folgendes Fazit: Der Begriff Apostel beschreibt schlicht und einfach zunächst einmal eine Person, die in der Autorität eines anderen gesendet ist[18]. Somit wird der Gesandte zum Repräsentant des Senders und spricht in der Autorität des Senders. Dies bedeutet in Bezug auf den apostolischen Dienst, dass wir es hierbei um verschiedene Stufen (Kreise) von apostolischem Dienst zu tun haben. 

  • Der erste Kreis sind die von Christus eingesetzten und als Zeugen der Auferstehung gesetzten Apostel. Dieser erste setzt den Maßstab für den apostolischen Dienst selbst, da er das apostolische Zeugnis festgelegt hat (Eph 2,20Eph 3,5). Dieses grundlegende apostolische Zeugnis finden wir in der Schrift des NT dargelegt.
  • Der zweite Kreis umfasst die Menschen, welche in einem apostolischen Dienst stehen. Das sind Personen, welche das Charisma dieses Dienstes empfangen haben und somit Fundamentlegung im Gemeindebau leisten, deren Einflussbereich aufgrund ihres Dienstcharismas über die lokale Ortsgemeinde hinausreicht und in deren Dienst die Zeichen eines Apostels geschehen (vgl. 2.Kor 12,12). Der apostolische Dienst an sich hat somit auch nach dem Tod der ersten Apostel nicht aufgehört, sondern besteht als Dienstfunktion bis zur Wiederkunft Christi weiter. Solche Personen müssen nicht auf ihre Amtsbeschreibung hinweisen, denn ihr Dienst selbst bestätigt sie als Apostel Jesu Christi (vgl. 1.Kor 9,2„das Siegel[19]meines Apostelamtes seid ihr im Herrn.“). Nun aber ist deutlich, dass sich jeglicher apostolische Dienst messen lassen muss, ob es sich denn wirklich um Apostel Jesu Christi handelt oder nicht! Es ist festzuhalten,  dass sich dieser zweite Kreis des apostolischen Dienstes anhand des apostolischen Zeugnisses des ersten Kreises messen lassen muss, denn es gibt auch falsche Apostel (vgl. 2.Kor 11,13ψευδαπόστολοι)! Dies sind sie gemäß 2.Kor 11, weil sie ein anderes Evangelium verkündigen (2.Kor 11,4=> anderen Jesus – anderen Geist – anderes Evangelium!!!) und von denen sagt Paulus in Gal 1,8: „er sei verflucht!“ Daher: kein anderes Evangelium, als das was apostolisch bezeugt ist (Zeugnis davon erhalten wir durch die Schriften des NT). Die Konsequenz eines anderen Evangeliums wäre: ein anderer Jesus und ein anderer Geist, der wirkt!
  • Der dritte Kreis von Menschen die als Apostel im NT bezeichnet werden, sind besser als Gesandte der Gemeinden zu sehen. Sie haben nicht in dem Sinne des zweiten Kreises einen apostolischen Dienst, gemäß Eph 4,11. Wobei ich nicht ausschließen will, dass Menschen wie Epaphroditus (Phil 2,25) durch ihren unterstützenden Dienst mit Paulus selbst in ihrer Berufung sich entwickeln und vielleicht vom Ansatz her eine apostolische Berufung sichtbar war und man deshalb gerade ihn zu Paulus sandte.

Somit komme ich in Bezug auf die Frage, ob der apostolische Dienst von Eph 4,11 / 1.Kor 12,28 mit dem Sterben der ersten Apostel geendet hat zum Schluss, dass dies nicht der Fall ist. Der Fehler liegt meiner Meinung nach darin, dass man den Begriff Apostel und apostolischer Dienst zu starr allein auf den ersten Kreis beschränkt. Hier möchte ich festhalten, dass der apostolische Dienst mit der Autorität des ersten Kreises, nach dem Tod dieses ersten Kreises geendet hat. Doch damit hat nicht der apostolische Dienst an sich geendet! Der apostolische Dienst im Sinne des hier beschriebenen zweiten Kreises besteht weiterhin. Dieser apostolische Dienst muss sich aber am Zeugnis des ersten apostolischen Kreises messen lassen. Die Gefahr das Pseudoapostel in die Gemeinde eindringen und durcheinanderbringen, war zu allen Zeiten vorhanden. Daher: kein anderes Evangelium, keinen anderen Jesus und keinen anderen Geist (2.Kor 11,4Gal 1,8)!


[1]This oneness thus partakes of the tension between the ‘already’ and the ‘not yet’: it has been proclaimed as a given fact, but is now presented as the goal of Christian endeavour, a goal which can only be reached by allcollectively, and will finally occur at Christ’s coming, when he brings his people to complete maturity.” O’Brien, P. T. (1999). The letter to the Ephesians(S. 306). Grand Rapids, MI: W.B. Eerdmans Publishing Co.

[2]Paul is not seriously imagining that he has actually been preaching a false gospel, but he would regard his work as in vain if it were to result in a divided church—a Gentile half and a Jewish half.”Crossway Bibles. (2008). The ESV Study Bible(S. 2246). Wheaton, IL: Crossway Bibles.

 

[3]Another of the twelve disciples, other than Judas Iscariot. In Luke 6:14–16 and in Acts 1:13 he is described as Judas iakōbou, “son of James” (not “brother” as in several versions). The James intended here has not been conclusively identified. In John 14:22 Judas is mentioned as “Judas (not Iscariot),” although Brown maintains that this refers to yet another Judas (John641).

This Judas is usually identified with the Thaddeus mentioned in the lists of Matt 10:3 and Mark 3:18. Brown believes that this equation is a mistaken tradition based on attempted gospel harmonies (John641; also Barrett 1956: 388). If Judas and Thaddeus are the same person, then Thaddeus and Lebbaeus, the equivalent found in some mss, were likely hypocoristic names used to avoid confusion with Judas Iscariot. Brown (John641) believes that the “(not Iscariot)” in John 14:22 is a later scribal addition, and the 5th century OL codex Veronensis reads “Judas sed alius” (“the other”) in John 14:22; thus the earliest text may have read simply “Judas,” with later changes being made to distinguish him from Judas Iscariot (Barrett 1956: 388).

Judas is not to be equated with Judas the brother of Jesus (…ISBE2: 1115; cf. Koester 1965: 296–97). Neither is he the same as the author of the book of Jude, as was maintained by Tertullian (Barclay 1960: 198). The identity of Judas is further confused by a variety of other ms readings for John 14:22. In the Curetonian Syr Gospels (2d–7th centuries) he is “(Judas) Thomas”= Judas the Twin (ActsNICNT, 44, n. 46). In the Sinaitic Syr (2d–7th centuries) only “Thomas” is present. This is part of the Syriac tradition that Judas and Thomas are the same person (Gos. Thom.80:10). In the Coptic Sahidic (3d–6th centuries), however, he is “Judas the Cananean,” intended to equate him with the apostle Simon the Cananean (JohnAB, 641). The OL codices Vercellinis, Veronensis, Sangermanensis, and Claromontanus (all 4th–9th centuries) all read “Judas Zealotes” for the name in the list of Acts 1:13, as does the Epistola Apostolorum(before 150 a.d.; Lake and Cadbury 1932: 14).

Whatever his identity, the only event the Gospels record of his career is John 14:22, where he asks Jesus, “Lord, how is it that you will manifest yourself to us, and not to the world?” Miller, R. D. I. (1992). Judas (Person). In D. N. Freedman (Hrsg.), The Anchor Yale Bible Dictionary (Bd. 3, S. 1090). New York: Doubleday.

[4]THADDEUS (PERSON) [Gk Thaddaios (Θαδδαιος)]. One of the twelve disciples of Jesus (Matt 10:3; Mark 3:18). In Matt 10:3 variant readings include “Lebbaeus” or “Thaddeus, surnamed Lebbaeus.” The name is omitted from the Lukan lists of apostles (Luke 6:14–16; Acts 1:13), where the name “Judas son of James” is inserted instead. If Luke’s name is correct, the descriptions “Lebbaeus” and “Thaddeus, surnamed Lebbaeus” may have been added to avoid confusion with Judas Iscariot the traitor. They may be based on leb(“heart”), the Hebrew root of “Lebbaeus,” and be a term of endearment. The reference to Judas, not Iscariot, in John 14:22 probably refers to Thaddeus. See JUDAS (PERSON). No other person in the NT named James can be identified with any certainty with James the father of Thaddeus.

In extracanonical literature, Thaddeus healed, preached to, and converted persons in Edessa in Mesopotamia. The story is preserved in the Greek and Syriac versions of the Acts of Thaddeusand an earlier account by Eusebius (Hist. Eccl.1.13; 2.1. 6–8). Eusebius also mentions Thaddeus as one of the Seventy (1.13.4, 11; cf. Luke 10:1).”Watson, J. F. (1992). Thaddeus (Person). In D. N. Freedman (Hrsg.), The Anchor Yale Bible Dictionary(Bd. 6, S. 435). New York: Doubleday.

[5]James was perhaps already the leader of one group in the Jerusalem church. About nine years later ‘James and the brethren’ seem to form a distinct group from those associated with Peter (Acts 12:17). James’s influence was destined to increase rapidly until he became the acknowledged leader of the Jerusalem church as a whole, taking precedence even over Cephas/Peter (see Gal 2:9, 12 below, with notes ad loc.). This is the more remarkable because the references to Jesus’ family in the gospel tradition (both Markan and Johannine) imply that they were far from being followers of his during his ministry. ‘Even his brothers’, says the fourth Evangelist, ‘did not believe in him’ (Jn. 7:5), and we should gather as much from Mk. 3:21, 31–35. But according to Paul (1 Cor. 9:5) and Luke (Acts 1:14) they had a distinct place among his followers from the early post-resurrection period onwards. If it be asked how this change in their attitude came about, at a time when Jesus’ shameful death might well have confirmed in their minds the misgivings which they had felt about him all along, Paul’s statement in 1 Cor. 15:7, that Christ in resurrection ‘appeared to James’, points to the answer.Bruce, F. F. (1982).“ The Epistle to the Galatians: a commentary on the Greek text(S. 99–100). Grand Rapids, MI: W.B. Eerdmans Pub. Co.

[6]Bedeutet Fundament und wird sowohl im wörtlichen, als auch bildlichen Sinne verwendet. Zentral beim Hausbau war damals wie heute natürlich das Fundament. Wenn das Fundament brüchig ist, wird auch das Haus einbrechen (vgl. Gleichnis Jesu Mt 7,21-27; Lk 6,46-49).

[7]Der Begriff meint (genau so wie kephalä gonia): „den Grundstein an der äußersten (vordersten) Ecke, mit dem ein Bau begonnen, in seiner Lage festgelegt und in seiner Richtung bestimmt wird; als (behauener) Quaderstein ist er v. besonderer Qualität und, im Unterschied von moderner Bauweise nur wenig eingesenkt, sichtbar.“ EWNT Bd.I (:647). Somit ist: „Christus Jesus der Eckstein, mit dem dieser Bau begonnen und in seiner Richtung festgelegt ist.“ EWNT Bd.I (:648)

[8]Thorley, after discussing in detail the evidence of the Greek manuscripts and ancient translations in relation to Junia(s) in 16:7, summarises it as follows:

   (i)      The earliest translations into Latin and Coptic (Syriac is of little help) do occasionally transcribe the accusative of male names in -ãsin a form which could morphologically be either masculine or feminine. However, this ambiguity is statistically uncommon and offers at best only a tenuous possibility that the Greek text IOUNIANwas ever taken as a masculine name; it is far more likely that it was taken quite universally as the accusative of the common Roman female name ‘Junia’;

  (ii)      the linguistic possibility of a masculine name Iouníasor of a hypocoristic name Iouniãsis doubtful in the extreme;

(iii)      There is no manuscript evidence for the perispomenon accentuation Iouniãn;

(iv)      The context of Rom. 16:7 in no way implies, and certainly does not require, IOUNIANto be taken as a masculine name;

  (v)      Chrysostom extols Junia as an apostle, and neither he nor any other of the patristic writers ever suggests that the text here refers to a man. So is it not time that Junia was restored to her rightful place in the text and translations?

Jewett comments: ‘The modern scholarly controversy over this name rests on the presumption that no woman could rank as an apostle, and thus that the accusative form must refer to a male by the name of Junias or Junianus. However, the evidence in favor of the feminine name “Junia” is overwhelming. Not a single example of a masculine name “Junias” has been found. The patristic evidence investigated by Fäbrega and Fitzmyer indicates that commentators down through the twelfth century refer to Junia as a woman, often commenting on the extraordinary gifts that ranked her among the apostles’.

Dunn observes: ‘Iounianhas usually been taken in the modern period as Iounian= Junias, a contraction of Junianus (so RSV, NEB, NIV, NJB). But the simple fact is that the masculine form has been found nowhere else, and the name is more naturally taken as Iounian= Junia (Lampe, 139–40, 147, indicates over 250 examples of “Junia”, none of Junias), as was taken for granted by the patristic commentators, and indeed up to the Middle Ages. The assumption that it must be male is a striking indictment of male presumption regarding the character and structure of earliest Christianity.… The most natural way to read the two names within the phrase is as husband and wife (cf. v 3)’.”  Kruse, C. G. (2012). Paul’s Letter to the Romans. (D. A. Carson, Hrsg.) (S. 564–565). Cambridge, U.K.; Nottingham, England; Grand Rapids, MI: William B. Eerdmans Publishing Company; Apollos.

[9]Burer and Wallace, in their reexamination of 16:7, happily concede that IOUNIAN should be regarded as feminine and therefore Paul was referring to Junia, a woman. However, they reject the view that episēmoi entois apostoloisis to be taken inclusively(‘well known among the apostles’), arguing rather that it is to be taken exclusively(‘well known to the apostles’). They base their case on evidence from ancient texts in which instances of episēmosplus enwith a dative personal adjunct are found. They sum up their conclusions as follows:

In sum, our examination of episēmoswith both genitive modifiers and enplus dative adjuncts has revealed some surprising results—surprising, that is, from the perspective of the scholarly consensus. Repeatedly in biblical Greek, patristic Greek, papyri, inscriptions, classical and Hellenistic texts, our working hypothesis was born outThe genitive personal modifier was consistently used for an inclusive idea, whilst the (enplus) dative personal adjunct was almost never so used. Yet to read the literature, one would get a decidedly different picture. To say that episēmoi en tois apostolois‘can onlymean “noteworthy among the apostles” ’ is simply not true. It would be more accurate to say that episēmoi en tois apostolois almost certainlymeans “well known to the apostles.” ’Thus Junia, along with Andronicus, is recognized by Paul as well known to the apostles, not as an outstanding member of the apostolic band.

…      Witherington comments: ‘The conclusion then follows that Paul has no problem with women as teachers (Priscilla) or leaders, proclaimers, or missionaries of the Good News. Indeed, it is hardly likely that a woman would be incarcerated in Paul’s world without having made some significant public remark or action. Junia said or did something that led to a judicial action. Chrysostom recognizes that Paul is referring to a woman apostle and says that she had a keen interest in philosophia; indeed, “the supposition that Paul was addressing a female apostle Junia dominated among the patristic exegetes and the early Translations (Old Latin, Vulgate, Sahidic, and Bohairic)’.

…      Jewett comments: ‘The honorific expression episēmoi en tois apostoloisshould be translated “outstanding among the apostles” … because the adjective episēmoslifts up a person or thing as distinguished or marked in comparison with other representatives of the same class, in this instance with other apostles’.

Moo comments: ‘Many scholars on both sides of this issue are guilty of accepting too readily a key supposition in this line of reasoning: “apostle” here refers to an authoritative leadership position such as that held by the “Twelve” and by Paul. In fact, Paul often uses the title “apostle” in a “looser” sense: sometimes simply to denote a “messenger” or “emissary” and sometimes to denote a “commissioned missionary”. When Paul uses the word in the former sense, he makes clear the source and purpose of the “emissary’s” commission. So “apostle” here probably means “travelling missionary”.” Kruse, C. G. (2012). Paul’s Letter to the Romans. (D. A. Carson, Hrsg.) (S. 565–567). Cambridge, U.K.; Nottingham, England; Grand Rapids, MI: William B. Eerdmans Publishing Company; Apollos.

 

[10]Kruse, C. G. (2012). Paul’s Letter to the Romans. (D. A. Carson, Hrsg.) (S. 566). Cambridge, U.K.; Nottingham, England; Grand Rapids, MI: William B. Eerdmans Publishing Company; Apollos.

[11]Paul refers to Priscilla and Aquila as his ‘co-workers in Christ Jesus’. ‘Co-worker’ appears to be a favorite term of Paul’s to describe those who labor alongside him in the gospel, and not one he uses in general of Christians. Those whom he describes as co-workers include, besides Priscilla and Aquila, Urbanus (16:9), Timothy (16:21), Apollos (1 Cor. 3:9), Titus (2 Cor. 8:23), Epaphroditus (Phil 2:25), Clement (Phil 4:3), Jesus and Justus (Col 4:11), Philemon (Philem 1), Mark, Aristarchus, Demas, and Luke (Philem 24).”Kruse, C. G. (2012). Paul’s Letter to the Romans. (D. A. Carson, Hrsg.) (S. 559). Cambridge, U.K.; Nottingham, England; Grand Rapids, MI: William B. Eerdmans Publishing Company; Apollos.

[12]Die Bibel. Elberfelder Übersetzung, revidierte Fassung. (1985). (Apg 18,27–28). R. Brockhaus Verlag.

[13]TIMOTHY(PERSON) [Gk Timotheos(Τιμοθεος)]. A missionary associate, fellow worker, and trusted emissary of Paul over an extended period of time. Timothy is mentioned after Paul in the prescript of various Pauline letters as a cosender of those letters (1 Thess 1:1; 2 Cor 1:1; Phil 1:1; Philemon 1; cf. also 2 Thess 1:1; Col 1:1). He is variously identified as “our brother” (1 Thess 3:2; 2 Cor 1:1; Philemon 1), as “fellow worker” (1 Thess 3:2; Rom 16:21), and as Paul’s “beloved and faithful child in the Lord” (1 Cor 4:17; cf. 1 Tim 1:2) who enjoys a special relationship with this apostle (Phil 2:20–22; cf. 1 Tim 1:2, 18; 2 Tim 1:2; 2:1). Many interpreters also see the phrase “apostles of Christ” (1 Thess 2:6) as including Timothy along with Paul (and Silas).”Gillman, J. (1992). Timothy (Person). In D. N. Freedman (Hrsg.), The Anchor Yale Bible Dictionary(Bd. 6, S. 558). New York: Doubleday.

[14]Titus was a gentile Christian (Gal 2:3) and one of Paul’s chosen travel companions (Gal 2:1) and fellow workers (2 Cor 8:23). He was also Paul’s trusted emissary for the Corinthian community (2 Cor 12:18) and one who assisted with the collection for the church in Jerusalem (2 Cor 8:6).”Gillman, J. (1992). Titus (Person). In D. N. Freedman (Hrsg.), The Anchor Yale Bible Dictionary(Bd. 6, S. 581). New York: Doubleday.

[15]In v. 7a the plural apostlesindicates that not only Paul but also Silas and Timothy, co-founders of this church, were apostles. We know that the circle of apostles was larger than the twelve and Paul (Acts 14:14; 1 Cor. 15:5b, 7b), although these occupied a unique place in the history of salvation as the authoritative witnesses of the resurrection of Christ (1 Cor. 9:1). Paul possibly had only Silas in mind at this point and not Timothy since wherever Timothy is mentioned elsewhere in Paul’s writings he is never designated an “apostle” (2 Cor. 1:1; Phil. 1:1; Col. 1:1).”Green, G. L. (2002). The letters to the Thessalonians(S. 125–126). Grand Rapids, MI; Leicester, England: W.B. Eerdmans Pub.; Apollos.

[16]SILAS (PERSON) [Gk Silas(Σιλας)]. Var. SILVANUS. The person called “Silas” in Acts is undoubtedly the same person named “Silvanus” in Paul’s letters. Silas was a Jewish Christian and possibly a Roman citizen (see Acts 16:37). Along with Judas called Barsabbas, Silas was a leading member, emissary, and prophet of the Jerusalem church (Acts 15:22, 32), one who risked his life “for the sake of the Lord” (Acts 15:26). He was a travel companion and fellow missionary with Paul (Acts 15:40–18:5), one of the evangelizers in Corinth (2 Cor 1:19), and a co-sender, along with Paul and Timothy, of the Thessalonian correspondence (1 Thess 1:1; 2 Thess 1:1). Many interpreters also see the appelation “apostles of Christ” (1 Thess 2:6) as including Silas along with Paul (and Timothy).Gillman, J. (1992). Silas (Person). In D. N. Freedman (Hrsg.), The Anchor Yale Bible Dictionary(Bd. 6, S. 22). New York: Doubleday.

[17]Paul calls Epaphroditus my co-workerafter he calls him my brother. This priority and connection must be kept in mind to appreciate the deeply personal relationship Paul had with his co-worker. By calling Epaphroditus his co-worker, Paul includes him in his inner circle of associates; he has a place on the team who lived, traveled, and served with Paul for the advance of the gospel. Later in his commendation of Epaphroditus, Paul says that this co-worker almost died for the work of Christ(v. 30). The work of Christin this context is the help offered to Paul as the agent of the church in Philippi. Paul says that Epaphroditus was sent to take care of my needs(2:25). Paul’s co-workers were his assistants who served him under his authority. The term co-workerdoes not connote unconditional equality with Paul. Ultimately, however, the co-worker recognizes the authority of God. Paul puts himself and all who work with him in the same category: “We are God’s co-workers” (1 Cor 3:9).

The third title Paul applies to his brotherand co-workeris my fellow soldier. In Paul’s experience and theology, the work of Christ leads inevitably into warfare and suffering on behalf of Christ (1:29). Certainly suffering was the consequence of Epaphroditus’s service in the work of Christ. He almost died for the work of Christ(2:30). As a fellow soldier with Paul, Epaphroditus endured opposition and persecution with Paul. He probably stayed with Paul in prison as he took care of Paul’s needs. As he worked and served with Paul, they were bound together with ties stronger than Roman chains.

The next two descriptive terms point to the responsibilities given to Epaphroditus by the church in Philippi: “your messenger and servant to my need” (my trans.). The way that TNIV takes the second term as an explanation of the first (your messenger, whom you sent to take care of my needs)brings out the meaning of messenger (apostolos). Epaphroditus was an “apostle” sent by the church on a specific mission to take care of Paul’s needs. Paul is not using the word apostlewith the special sense applied only to the “foundation-laying preachers of the gospel, missionaries and church founders possessing the full authority of Christ.” The Twelve and Paul were apostles in this special sense, but there were also “messengers of the churches” (see 2 Cor 8:23) in the general sense of “messengers without extraordinary status.”Hansen, G. W. (2009). The Letter to the Philippians(S. 201–202). Grand Rapids, MI; Nottingham, England: William B. Eerdmans Publishing Company. 

[18]The title “apostle” refers to one who is sent in the authority of another. Behind NT apostleship is the Jewish institution of the shaliach, an authoritative messenger who spoke and acted in the authority of another. Mishnah Berakhotillustrates the point, saying, “the one sent by a man is as the man himself” (5:5). The apostles were more than simply messengers or missionaries but people who carried out a mission in the authority of another and under that authority. In this case, the “other” was none other than Christ himself. For this reason they could have made the weight of their authority felt.Green, G. L. (2002). The letters to the Thessalonians(S. 126). Grand Rapids, MI; Leicester, England: W.B. Eerdmans Pub.; Apollos.

[19]Although σφραγίςregularly means seal, it also frequently means the markor stamp, e.g., of a signet ring in wax which then may carry the force of certificate (BAGD) or attestation of genuinenessor of confirmation(Schrage). In Rev 7:3 the elect are “stamped” (σφραγίζω) with God’s seal as belonging to him, so that they do not become “lost” within the changes, chances, and ambiguities of the world, but reach their eschatological goal as his own authenticpeople, certified as hisby their stamp, seal, or mark of ownership. Similarly, when there is apparent ambivalence about status claims and the “signs of apostleship,” Paul perceives the genuineness of his mission and pastoral nurture of the addressees as a certificate which witnesses to the genuineness of his apostleship. Edwards insists that in the Lord is construed with you rather than with apostleship, and also points out that σφραγίςcertificate or attestation, denotes more than simply σημεῖονsign. As Wolff observes, Paul drily implies that if he is no apostlethey deny their own existencein the Lord. Gardner concludes that the word is not only a seal, but “a seal indicating a ‘legally valid attestation.’“ Thiselton, A. C. (2000). The First Epistle to the Corinthians: a commentary on the Greek text(S. 674). Grand Rapids, MI: W.B. Eerdmans.


Bestehen die Offenbarungsgaben des Heiligen Geistes noch heute?

Nun wenden wir uns der Frage zu, ob denn die Offenbarungsgaben aus 1.Kor 12,8ff. aufgehört haben? Oben haben wir dargelegt, dass die Argumentation der Vertreter des Cessationism stark über das Verschwinden des apostolischen Dienstes mit dem Sterben der ersten Apostel verbunden ist. Wir haben dargelegt, weshalb dieser Argumentation nicht bei zu pflichten ist. Nun wollen wir uns auch vom 1.Kor. Brief her die Frage stellen, ob wir dort einen Anlass finden, der für das Aufhören der Offenbarungsgaben (Wort der Weisheit, Wort der Erkenntnis, Weissagung, Arten von Sprachen, Auslegung von Sprachen), oder der Gaben des Geistes an sich, spricht.

Hier wird immer wieder auf 1.Kor 13,8-9 verwiesen, wo geschrieben steht:

 

  8Die Liebe vergeht niemals; seien es aber Weissagungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden.  9Denn wir erkennen stückweise, und wir weissagen stückweise;  10wenn aber das Vollkommene kommt, wird das, was stückweise ist, weggetan werden.

 

Zunächst ist hier die Frage zu stellen, was mit dem Vollkommenen gemeint ist?[1]

Es kann nicht sein, dass damit, wie früher oft vertreten, der biblische Kanon gemeint ist. Denn in V.12 verweist Paulus auf das jetzt und dann, indem er schreibt: „Denn wir sehen jetzt mittels eines Spiegels, undeutlich, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie auch ich erkannt worden bin.“ Dies verweist eindeutig auf die Zeit der Vollendung hin. Solange die Gemeinde Jesu auf die Vollendung hin unterwegs ist, erkennen wir nur stückweise.

Die Vollendung der Gemeinde wird aber erst bei der Wiederkunft Christi stattgefunden haben. Es spielt dabei keine entscheidende Rolle, welches eschatologisches Modell wir vertreten, klar ist, dass erst bei der Wiederkunft Christi die Gemeinde Jesu ihre Vollendung erlangen wird (1.Thess 4,161.Kor 15,35Phil 3,20-21). Paulus geht es bei seiner Argumentation in 1.Kor 13 nicht darum darzulegen, dass die Gaben des Geistes irgendwann vor der Wiederkunft Christi aufhören werden, sondern er will ihnen den richtigen Stellenwert geben. Von der Liebe her müssen auch die Geistesgaben und das Geisteswirken beurteilt werden. Denn die Liebe wird bleiben und nur was aus der Liebe zu Gott und den Menschen heraus getan wird, wird vor Gottes Richterstuhl bestehen bleiben. Die Gaben des Geistes dienen zum Nutzen der Gemeinde (vgl. 1.Kor 12,7) und haben keinen Selbstzweck in sich. Wer also in den Gaben des Geistes dient, soll es aus der Perspektive der Liebe und in der Liebe Gottes tun!

 

Dabei ist die Darlegung von McArthur in Bezug auf das Aufhören der Sprachenrede in sich unschlüssig. Er schreibt:

 

Das griechische Verb pauo in diesem Vers bedeutet >>dauerhaft aufhören<<, was zeigt, dass die Gabe der Sprachen ein für alle Mal aufhören würde.  ... Die übernatürliche Fähigkeit, nicht erlernte Fremdsprachen flüssig zu sprechen, wie es die Jünger am Pfingsttag in Apostelgeschichte 2 taten, hat erwiesenermaßen nichts mit der modernen Glossolalie gemein. Die neutestamentliche Gabe hörte nach der Zeit der Apostel auf und kehrte nie wieder zurück.

 

Diese Aussage hält exegetischer Untersuchung von 1.Kor 13,8 sicherlich nicht stand.[2]Hier wird nur aus stilistischen Gründen ein anderes Verb verwendet, dass aber letztendlich auf den selben Sachverhalt hinweist. Genauso wie Prophetie und Erkenntnis werden die Sprachen bei der Wiederkunft Christi aufhören. Alles andere macht nicht wirklich Sinn. Weiter ist zusagen, dass Paulus hier nicht auf das verweist, was McArthur im Blick hat. Es geht nicht um Xenolalie (Fremdsprache, die nicht erlernt wurde vgl. Apg. 2,6), sondern um Glossolalie (Sprache, die keine menschliche Sprache wiedergibt, sondern eine Gebetssprache ist vgl. 1.Kor 14,2 => er redet nicht zu Menschen, sondern zu Gott).[3]Vom Kontext des Korintherbriefes her ist hier von Glossolalie auszugehen, also keiner menschlichen Sprache, sondern einer Gebetssprache zu Gott hin. Dann wenn wir den HERRN von Angesicht zu Angesicht sehen werden, wird solch eine Sprache nicht mehr vorhanden sein, weil sie nicht mehr von Nöten ist.

 

Da entsprechend 1.Kor 13,10 nur die Vollendung bei der Wiederkunft Christi gemeint sein kann, werden die Gaben des Geistes bis zu diesem Zeitpunkt im Leib Christi wirksam sein. Dies erkennt auch McArthur an und weicht folgendermassen den Konsequenzen, die dies bedeuten würde aus, indem er schreibt (:222):

 

Um festzustellen, an welchem Zeitpunkt der Kirchengeschichte die Zeichen- und Offenbarungsgaben aufhören würden, müssen wir statt 1.Kor 13,10 andere Stellen wie Eph 2,20 zu Rate ziehen. Dort gibt Paulus zu verstehen, dass die Ämter der Apostel und Propheten allein für den Zeitraum vorgesehen waren, als der Grund der Gemeinde gelegt wurde. Nichtsdestoweniger trifft der allgemeinere Grundsatz des Paulus, dass die Liebe über den Geistesgaben steht, immer noch auf heutige Gläubige zu, insofern auch wir unserer himmlischen Verherrlichung entgegensehen.

 

Wir halten fest, dass ausgehend von 1.Kor 13,10 nur der Schluss naheliegen kann, dass die Gaben des Heiligen Geistes, wie sie in 1.Kor 12,8ff. beschrieben sind, bis zur Wiederkunft Christi dem Leib Christi gegeben sind. Natürlich ist uns im Klaren, dass Paulus nicht eine Debatte über Cessatianism im Blick hatte, als er 1.Kor 13 schrieb (und sicherlich auch nicht den Kanon des NTs). Der Text lässt aber auf der anderen Seite keineswegs den Schluss zu, dass in der Blickrichtung des Paulus von einem Ende der Gaben des Heiligen Geistes während dieses Äons zu rechnen ist. Im Gegenteil er verweist das Ende der Geistesgaben auf das kommende Äon, welches mit der Wiederkunft Christi erreicht sein wird.  


[1]This verse has been at the center of a controversy. What does when completeness comesmean, and when will or did it arrive? It is agreed that the key term of the first clause has to do with perfection197or completeness here (in other contexts it has to do with maturity, as in 2:6). The meaning of the corresponding term in the second clause is clearer, almost always being translated “the partial” (NRSV, ESV, NET, NAB, NLT, NASB, CSB) or what is in part(TNIV, KJV). 

Some scholars have argued that the “perfect/complete” thing to which Paul was referring was the completion of the canon or the maturing of the church, one or the other of which they attribute to the disappearance of the more spectacular gifts from most if not all churches in the postapostolic period. 

The context (esp. v. 12) makes it abundantly clear, however, that the point at which Paul expects the gifts to pass away or disappear is when we see the Lord “face to face” and “know [him] fully, even as [we are] fully known.” It is unlikely that Paul has in mind some particular perfect or complete thing or person, but the dawning of the age which brings with it the perfect or complete realities to which each of the spiritual gifts pointed as very partial manifestations of the same. If my friend tells me, “I have a partially functioning television and a partially functioning radio, but when that which is fully functioning arrives I’ll put away what is only partially functioning,” I would understand that he is   waiting for a new (or at least a fully-functioning) TV and radio to be delivered. In Paul’s context, it appears that he is waiting for complete or perfect versions of that which is manifested in the gifts of prophecy, tongues, and knowledge (i.e., perfect communication, communion, and interpersonal knowledge between God and his people), which will arrive when we experience the fullness of the new creation in the presence of the Lord himself. Thus, when all the complete versions of the partial realities we experience through spiritual gifts in this life arrive, those partial realities will be laid aside and will disappear.“ Ciampa, R. E., & Rosner, B. S. (2010). The First Letter to the Corinthians(S. 656–657). Grand Rapids, MI; Cambridge, U.K.: William B. Eerdmans Publishing Company.

[2]where there are tongues, they will be stilled. The verb here is technically in the middle voice, suggesting that tongues “will stop” or will “come to an end” rather than be stilled(cf. BDAG), although the meaning is not significantly different. Some have argued that the different verb and the middle rather than passive voice imply the tongues will come to an end on their own, before the time when prophecies and knowledge will cease.191This reflects a failure to synthesize the information provided by both grammar and context. The “for” which introduces vv. 9–10 indicates that those verses explain why the things affirmed in this verse are so. That is, they explain why (and in the process, when) prophecies, tongues, and knowledge will come to an end. It should be understood that these three gifts are chosen merely as examples so that what is said about them is understood to apply to the other spiritual gifts as well. There is nothing about the middle voice to suggest that tongues would stop or come to an end at any point in time other than that which is clarified in the following verses—at the final consummation.

The different verb and voice were probably chosen for stylistic purposes—to add color and create one more chiasm in a passage that is full of them. Imagine how boring the text would sound if Paul simply repeated the same verb in each case! The TNIV and NIV translators evidently thought that the English translation would be stylistically weak if they even repeated the same translation for the same verb which Paul applied to prophecies and knowledge.Ciampa, R. E., & Rosner, B. S. (2010). The First Letter to the Corinthians(S. 654–655). Grand Rapids, MI; Cambridge, U.K.: William B. Eerdmans Publishing Company.

[3]Speaking in tongues, as practiced by Christians, particularly those within the Pentecostal and charismatic movements, has two principal manifestations: glossolalia refers to a speech pattern with which humans are not familiar and xenolalia refers to the miraculous use of a known language not learned by traditional methods. Another phenomenon, akolaliarefers to a miracle of hearing.”Reid, D. G., Linder, R. D., Shelley, B. L., & Stout, H. S. (1990). In Dictionary of Christianity in America. Downers Grove, IL: InterVarsity Press.


Welches Verhältnis haben die Offenbarungsgaben zur Schrift?

Ein Argument, was durch den Cessatianism noch angeführt wird ist das berechtigte Bedenken, dass wenn man heute noch von Offenbarungen des Heiligen Geistes ausgeht, diese auf die gleiche Ebene wie die Schrift zu stellen sind. Tatsächlich liegt natürlich die Frage auf dem Tisch, ob denn die Offenbarungen des Heiligen Geistes heute auf derselben Ebene liegen wie wir sie in den apostolischen Schriften wiederfinden. Die Frage ist, in wieweit die Inspiration der Schrift durch den Hl. Geist sich von der Inspiration heutiger geisterfüllter Persönlichkeiten unterscheidet (vgl. 2.Tim 3,16; 2.Petr 1,21). 

Auch dies lässt sich auf der Grundlage des bereits Erarbeiteten beantworten. Genauso, wie sich der apostolische Dienst von heute anhand des apostolischen Zeugnisses der ersten Zeugen messen lassen muss, so verhält es sich auch mit den Gaben des Heiligen Geistes. Es ist nämlich zu prüfen inwieweit es der Heilige Geist ist, der in und durch eine Person wirkt. Dies war schon eine Frage zur Zeit der ersten Christen. So lesen wir in 2.Thess 2,1:

 

1Wir bitten euch aber, Brüder, wegen der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus und unserer Vereinigung mit ihm,  2daß ihr euch nicht schnell in eurem Sinn erschüttern, auch nicht erschrecken laßt, weder durch Geist noch durch Wort noch durch Brief, als <seien sie> von uns, als ob der Tag des Herrn da wäre.

 

Damals wie heute traten Menschen mit eigenem Autoritätsanspruch auf. Sie brachten ihre Sonderlehren und hielten sich nicht an die apostolische Überlieferung. Hier spricht Paulus von Geist[1]– Wort[2]– Brief[3]. Mit dem Ausdruck „durch den Geist“weist auf prophetisches Reden hin. Damit wird deutlich, dass Prophetie auch eine falsche Prophetie sein kann, oder aber eine richtige Prophetie, welche falsch interpretiert wird. Dasselbe gilt von der Verkündigung (Wort), oder von schriftlicher Weisung (Brief). Bei all dem ist es wichtig unterscheiden zu können, was vom Geist Gottes ist und was nicht. Der einzige Prüfmaßstab ist die autoritative apostolische Weisung (erster Kreis der Apostel). Dies war zur ersten Zeit schon von großer Bedeutung und ist es heute immer noch. 

 

Wenn vertreten wird, dass die Gaben des Heiligen Geistes heute noch in der Gemeinde wirken, dann bedeutet dies nicht per se, dass diese auf der Ebene der Schrift stehen. Auch führt uns die Überzeugung vom Wirken des Heiligen Geistes durch die Gaben des Geistes nicht zu einem subjektiven geleitet sein durch den Geist an der Schrift vorbei. Im Gegenteil verhält es sich eher so, dass die Offenbarung des Geistes heute, wie damals in die Schrift hineinführen und nicht von der Schrift wegführt!

Wenn der Geist uns die Dinge offenbart, die uns von Gott geschenkt sind, bedeutet dies nicht, dass wir an der Schrift vorbei Sonderoffenbarungen erhalten. Auch wird die Offenbarung des Geistes nicht auf derselben Ebene wie die Schrift an sich fungieren, oder über die Schrift gestellt. Denn wenn dies geschehen würde, wäre uns jegliches Prüfinstrument abhanden gekommen und wir wären nicht mehr imstande wirklich zu überprüfen, was jetzt von Gottes Geist gewirkt ist und was nicht. Ebenso wären wir dann leicht von Kraftwirkungen, Heilungen oder prophetischen Diensten zu blenden. Hier steht uns aber die Warnung Jesu vor Augen (Mt 7,22), der selbst sagt, dass viele in seinem Namen kommen werden und große Machttaten vollbringen werden, aber nicht von ihm sind. Ebenso warnt uns Johannes in 1.Joh. 4,1, dass wir die Geister prüfen sollen. Dies können wir aber nur anhand der autoritativen apostolischen Überlieferung, welche wir in der Schrift des NT vor uns haben. Somit wird deutlich, dass die Schrift des AT und NT für uns als richtungsweisende Autorität gilt, welche für Lehre und Praxis entscheidender Orientierungsmaßstab ist. Damit ist alle Offenbarungen des Heiligen Geistes unter die Autorität der Schrift zu stellen und wenn Geistesoffenbarungen auftreten, die uns vom klaren Zeugnis der Schrift wegführen, dann sind dies nicht Offenbarungen des Heiligen Geistes (mehr dazu unter dem Thema: Prophetie im Kurs Pneumatologie 2).


[1]μήτε διὰ πνεὐματος, “neither by spirit,” i.e. by a prophetic utterance made in the power of the Spirit of God or of another spirit. The prophecy might be a false prophecy or it might be a genuine prophecy misunderstood. For πνεῦμαin relation to prophecy in the church cf. 1 Cor 14:12, 32; 1 John 4:1–3. Prophecy was encouraged in the Thessalonian church (1 Thess 5:19, 20) and no doubt things to come figured largely in such prophecy: possibly the “word of the Lord” of 1 Thess 4:15 was communicated in this form. But discrimination was necessary (1 Thess 5:21, 22) and nowhere more so than with prophecies relating to future events.“ Bruce, F. F. (1998). 1 and 2 Thessalonians(Bd. 45, S. 163–164). Dallas: Word, Incorporated.

[2]μήτε διὰ λόγου, “nor by spoken word.” Here λόγοςis distinguished from prophecy, which might be communicated (as most often) by spoken word or (as occasionally) by written word (cf. ὁ ἀναγινώσκων νοείτω, “let the reader take note,” Mark 13:14; also Rev 1:3, 11, etc.); it is also distinguished from the written word of an epistle. It therefore denotes in this context a nonecstatic spoken word, which might be a word of apostolic authority (as in v 15) or a word of spiritual wisdom (as in 1 Cor 12:8) or a word lacking either authority or wisdom. Again, discrimination on the hearer’s part was called for.” Bruce, F. F. (1998). 1 and 2 Thessalonians(Bd. 45, S. 164). Dallas: Word, Incorporated.

[3]μήτε διʼ ἐπιστολῆς ὡς διʼ ἡμῶν, “nor by letter purporting to be by us.” The phrase διʼ ἡμῶνmight denote the writers as agents of Christ or of the Spirit, transmitting his message in epistolary form (cf. the recurrent formula τὸ ῥηθὲν διὰ τοῦ προφήτου, “that which was spoken through the prophet,” Matt 1:22 and frequently, or more particularly γέγραπται διὰ τοῦ προφήτου, “[that which] was written through the prophet,” Matt 2:5); but there is ample attestation for διάwith the genitive denoting the author or originator (cf. διʼ οὗ1 Cor 1:9; διὰ πολλῶνἐκ πολλῶν προσώπων, 2 Cor 1:11).” Bruce, F. F. (1998). 1 and 2 Thessalonians(Bd. 45, S. 164). Dallas: Word, Incorporated.


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Literaturverzeichnis

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